Erleben, Anpacken, Begegnen

tisdag 25 mars 2025

Verena Maria Neuhaus

Das zweiwöchige Camp «Music From Ice to Lake – Hands-on und Wandern», ein Angebot des Rotary Jugendaustauschs, geht in die dritte Runde. Rot. Nadja Klaus, die das Organisationsteam leitet, gibt Einblicke in die Entstehung, die Erfolge, die Besonderheiten des Camps – und in die Zukunft des Rotary Jugendaustauschs.

Liebe Nadja, das Camp «From Ice to Lake» hat sich seit 2019 fest etabliert. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Vor 2019 hatten wir mit der «Swiss Bike Tour» ein sehr sportliches Camp, das aber immer anspruchsvoller wurde in der Organisation. Also haben wir uns gefragt: Was ist ein zentrales, verbindendes Element der Schweiz? Die Antwort war klar: Wasser. Ohne Wasser gäbe es keine Gletscher, keine Flüsse, keine Seen – und damit auch keine Lebensgrundlage.

So entstand «From Ice to Lake» – eine Reise vom ewigen Eis der Berge bis hin zu den glitzernden Seen des Mittellands. Vom Berg, wo das Wasser entspringt und zum Fluss wird, bis zum Rheinfall und ins Meer. Dabei erleben die jungen Menschen aus aller Welt die Natur nicht nur als Kulisse, sondern als etwas, das geschützt und bewahrt werden muss. Sie packen aktiv mit an, diskutieren über Nachhaltigkeit und lernen, was Wasser als Ressource bedeutet – für uns in der Schweiz, aber auch für ihre Heimatländer.

Ganz wichtig: Das Camp wird vom Verein Rotary Jugendaustausch angeboten, hat mit den einjährigen Austauschprogrammen aber nichts zu tun. Eingeladen sind daher nicht die Inbounds, sondern junge Menschen aus aller Welt, die zwei Wochen lang eine unvergessliche Zeit in der Schweiz erleben möchten.

Was macht das Camp so besonders?

Es ist diese einzigartige Kombination aus Erleben, Anpacken und Begegnen. Wir bieten den jungen Menschen eine intensive, aber zeitlich kompakte Möglichkeit, die Schweiz nicht nur aus der Touristenperspektive zu sehen, sondern aktiv an Umweltschutzprojekten mitzuwirken – etwa bei der Landschaftspflege im Gletscher-Garten Cavaglia oder beim Sammeln von Müll auf einer Gletscherwanderung.

Dazu kommt diesmal die Musik: Musik ist eine universelle Sprache. Egal ob jemand aus Brasilien, Indien oder Finnland kommt – wenn wir gemeinsam singen oder musizieren, entsteht sofort eine Verbindung. Das macht «Music from Ice to Lake» so einzigartig. Es geht um Austausch auf vielen Ebenen: Natur, Kultur, Musik – und natürlich auch um Freundschaften, die oft weit über das Camp hinaus bestehen bleiben.

2023 gab es einige Highlights, darunter eine Gletscherwanderung mit Glaziologe Felix Keller. Was erwartet die Teilnehmenr 2025?

Das Grundkonzept bleibt bestehen, aber wir setzen immer neue Akzente. Die Route führt diesmal über Zürich, Poschiavo, Morteratsch, Glarus, Rorschach, Appenzell, St. Gallen und Schaffhausen – also von den Gletschern hinab zu den Seen. Neben den bewährten Programmpunkten, wie den Exkursionen zu Wasserkraftwerken oder der Arbeit im Gletscher-Garten, wollen wir dieses Jahr noch mehr Raum für interkulturellen Austausch schaffen. Es wird Workshops geben, in denen sich die Teilnehmer über ihre Kulturen austauschen können, neue musikalische Elemente, vielleicht sogar mit öffentlichen Performances – wir lassen uns da noch etwas einfallen! Und natürlich darf auch das Abenteuer nicht fehlen: Die Bergwelt der Schweiz zu erleben, bei jedem Wetter, in jeder Höhe – das sind Erfahrungen, die in Erinnerung bleiben!

Das Camp ist inzwischen ein fester Bestandteil des Rotary Jugendaustauschs im Distrikt 2000. Wie steht es allgemein um den Jugendaustausch?

Corona hat den internationalen Austausch weltweit ausgebremst. Es gab drei Jahre lang kaum Austauschprogramme, viele junge Menschen haben dadurch eine grosse Chance verpasst. Aber wir sehen jetzt, dass das Interesse wieder wächst – und das ist grossartig! Der Jahresaustausch oder Programme wie unser Camp sind wichtiger denn je, weil sie es jungen Menschen nach dieser langen Phase der Abschottung wieder ermöglichen, die Welt mit eigenen Augen zu entdecken und Freundschaften über Grenzen hinweg zu knüpfen. Der Rotary Jugendaustausch lebt – und er ist gerade jetzt besonders wertvoll.

Wie können sich Rotary Clubs oder Rotarier für den Jugendaustausch engagieren?

Möglichkeiten gibt es viele! Rotary lebt von persönlichem Engagement. Clubs können sich finanziell beteiligen, indem sie Camp-Teilnehmer sponsern oder Programmpunkte unterstützen. Aber auch ganz praktische Hilfe ist gefragt: Wer bereit ist, einen Vortrag zu halten, eine Exkursion zu organisieren oder einen Abend mit den jungen Leuten aus aller Welt zu verbringen, trägt dazu bei, dass diese Erfahrung unvergesslich wird. Und natürlich kann jeder Rotarier als Botschafter für den Jugendaustausch wirken: Junge Menschen auf diese Programme aufmerksam machen, Familien für den Austausch gewinnen – all das hilft, den Rotary Jugendaustausch weiter am Leben zu erhalten.

Was ist dein persönliches Fazit nach zwei erfolgreichen Durchläufen von «From Ice to Lake»?

Es ist unglaublich bereichernd, zu sehen, wie junge Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen zusammenkommen und gemeinsam etwas erleben. Sie lernen nicht nur viel über die Schweiz, sondern auch über sich selbst und über andere. Viele bleiben noch Jahre danach in Kontakt. «Music from Ice to Lake» ist eben mehr als ein Camp – es ist eine Erfahrung fürs Leben!

Und wie reagieren die Teilnehmer auf das Camp? Gibt es Momente, die dir in Erinnerung geblieben sind?

Die Reaktionen sind durchwegs positiv. Viele Teilnehmer sagen, dass das Camp zu den prägendsten Erfahrungen ihres bisherigen Lebens gehört; auf jeden Fall ist es aber eines der unangefochtenen Highlights der internationalen Camps. Besonders eindrucksvoll ist es, zu sehen, wie sich aus einer Gruppe Fremder innerhalb von zwei Wochen ein enges, internationales Netzwerk aus Freunden bildet.

Es gab Teilnehmerinnen, die zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee gesehen haben und völlig überwältigt waren. Andere erzählten, dass sie durch das Camp erstmals wirklich begriffen haben, was Klimawandel bedeutet, weil sie mit eigenen Augen sehen konnten, wie stark sich die Gletscher zurückziehen. Ein unvergesslicher Moment war auch eine spontane Musikeinlage in einer Bergkirche – mitten in den Alpen sangen junge Menschen aus verschiedenen Kontinenten gemeinsam und haben sich damit selbst und alle Zuhörer tief berührt. Genau diese Begegnungen machen den Rotary Jugendaustausch so unbezahlbar – und unterstützenswert.

Das internationale Rotary-Camp «From Ice to Lake» führte frühere Teilnehmer durch die Schweizer Bergwelt