«Ich bin die erste in unserer Familie, ja sogar die erste in unserem Dorf, die studiert»

zondag 7 juli 2024

jk

Dank der Schweizer-ugandischen NGO UECD – Ugandan Empowerment & Career Development kann die 20-jährige Viola Nakalyowa aus Jinja, Uganda ein Studium im Bereich Human Resources an der Universität Kampala in der gleichnamigen Hauptstadt Ugandas absolvieren. Das Ziel von UECD ist die Förderung von jungen, sozial benachteiligten Uganderinnen und Ugandern. Die NGO legt dabei grossen Wert darauf, sie zu befähigen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Viola wird während ihres Studiums eng von Rotarierin und Präsidentin der Action Group RMCH Schweiz-Liechtenstein, Judith Lauber, die Viola meist liebevoll «Mommy» nennt, begleitet.

Judith, du unterstützt Viola während ihres HR-Studiums an der Universität von Kampala. Wie kam’s dazu?

Judith: Die ehemalige Governor von Innerwheel, Hannah Lienhardt, kontaktierte mich, da sie sich für unsere Action Group RMCH interessierte. Dabei erwähnte sie Eva Winizki und die Organisation, die diese gegründet hat, UECD. Als ich mich anschliessend näher über die Organisation informierte, war ich begeistert. Die Förderung und Ausbildung von jungen Frauen – und auch Männern – passt auch zu den Zielen der RMCH. UECD ist so professionell aufgebaut und vertrauenswürdig, dass ich das Programm dem RMCH-Vorstand vorgestellt habe. Eins hat zum anderen geführt und nun übernimmt nicht nur RMCH die Finanzierung eines Studiums mit drei Mal 2000 Franken, sondern auch ich selbst. So habe ich Viola kennengelernt. Viola und ich stehen in regelmässigem Austausch, die andere Studentin unterstützen wir mit RMCH ausschliesslich finanziell.

Das heisst, unterschiedliche Arten der Unterstützung sind möglich?

Judith: Genau. Entweder rein finanziell oder zusätzlich in Form von Mentoring mit persönlichem Kontakt.

Wie kam der Kontakt zwischen euch zustande?

Viola: Nachdem ich ins Programm aufgenommen wurde, haben sie mir Judiths Kontakt gegeben und mir aufgetragen, uns über Zoom erst einmal näher kennenzulernen. Wir haben uns Anfangs beispielsweise über unser Umfeld und unsere Lebensumstände ausgetauscht.

Viola Nakalyowa kann dank der NGO UECD Human Resources an der Universität Kampala studieren

Wie sieht die Unterstützung bei euch mittlerweile aus?

Viola: Ich tausche mich meist wöchentlich über Whats App mit Judith oder Eva aus. Sie fragen zum Beispiel nach, wie das Studium läuft, ob ich etwas brauche oder wie sie mich aktuell unterstützen können. Sie nehmen sich Zeit, sich mit mir über allfällige Probleme auszutauschen oder darüber, wie ich mich fühle.

Und womit können sie dir behilflich sein? Welche Art von Unterstützung bieten sie dir?

Viola: Ich habe erst dieses Jahr mit dem Studium angefangen. Das heisst, ich bin noch in der Eingewöhnungsphase. An der Universität ist im Vergleich zur High School vieles anders. Die Betreuungspersonen ermutigen uns Studierende, Verantwortung zu übernehmen, sie fragen uns, wie oft wir zur Uni gehen, wie das Studium läuft, wie weit der Schulweg ist, ob wir uns Dinge wie Verpflegung, Elektrizität, etc. leisten können.

Wie ist diese Erfahrung für euch?

Viola: Besonders wichtig in der heutigen Gesellschaft ist Selbstvertrauen. Je mehr ich mich mit meinen Betreuungspersonen austausche, desto mehr lerne ich von ihnen und das hilft mir, selbstbewusster zu werden. Auch meine Kommunikationsfähigkeit verbessert sich dadurch.

Judith, Eva und Viola im Zoom-Call

Judith: Für mich ist es eine sehr spannende Erfahrung, da ich Einblicke in eine Welt erhalte, die ich so vorher noch nicht gekannt habe. Wir sind noch immer in der Eingewöhnungsphase dieser Betreuung, aber ich spüre bereits jetzt, wie wir eine Art grosse Familie sind, zusammen mit Eva und den anderen UECD-Studierenden. Wir haben zwei Whats-App-Chats: Einen zwischen mir und Viola, ein zweiter ist ein Gruppenchat mit den Schweizer Betreuerinnen und Betreuern und den Studierenden in Uganda. So erfahre ich viel über das Leben und die Kultur in Uganda.

Eva kennen alle persönlich, da sie einmal pro Jahr nach Uganda reist. Ich hoffe sehr, dass ich mich der nächsten von Eva organisierten Uganda-Reise anschliessen und ebenfalls alle persönlich kennenlernen kann. Für mich ist das der entscheidende Unterschied: Ich unterstütze eine Organisation nicht nur finanziell, sondern kann in Echtzeit mitverfolgen, wie eine Studentin sich entwickelt und wie viel ihr diese Unterstützung bedeutet. Sie wirkt ja langfristig weit über die Unterstützung von Viola hinaus. Für mich ist es eine sehr besondere Erfahrung und ich hoffe, wir können die nächsten Jahre weiter zusammen gehen und in Kontakt bleiben.

Viola, wie bist du ins Programm gekommen?

Viola: Ich hatte die Hoffnung auf eine weiterführende Ausbildung bereits verloren, denn wir hatten kein Geld und meine Grossmutter, die mich immer motiviert hat, war erst kürzlich verstorben. Das war für mich ein grosser Verlust. Wir sind sechs Geschwister und haben kein Geld. Mein Vater hat die Familie verlassen, wir wissen nicht, wo er ist.

Ein Bekannter meiner Mutter kennt einen der Mentoren von UECD, der mir ein Vorstellungsgespräch bei UECD organisieren konnte. Ich habe zudem meine Motivation und Lebensverhältnisse beschreiben und einsenden müssen. Ich hatte aber wenig Hoffnung, da sich viele beworben haben. Als ich dann den Anruf bekam, dass ich es geschafft habe, war ich unglaublich glücklich! Somit bin ich die erste in unserer Familie, ja sogar die erste in unserem Dorf, die studiert.

Wie sehen deine Pläne nach dem Studium aus?

Viola: Während der ersten fünf Jahre nach dem Studium wirken wir ehemalige Teilnehmenden des UECD-Programms als Betreuungspersonen für die nächsten Studierenden. Darüber hinaus möchte ich an meiner Personal Brand arbeiten und mich vernetzen, denn die Berufswelt in Uganda ist sehr kompetitiv, da sich oft viele Leute auf einen Job bewerben. Tribalismus, Rassismus, Korruption und fehlende Geschlechtergleichheit stellen ebenfalls ein Problem dar. In Uganda kommt es deshalb stark auf persönliche Kontakte an. Ein weiterer Wunsch von mir ist, Menschen zu unterstützen, die wie ich noch vor einem Jahr, keine Hoffnung mehr haben und die mit ihrer mentalen Gesundheit kämpfen.

Judith: UECD begeistert mich deshalb so sehr, weil es Teil der Vereinbarung mit den Studierenden ist, später ebenfalls Studierende zu unterstützen. Es geht nicht nur darum, Geld zu geben. Das kreiert eine Mentalität der Unterstützung sowie eine Gemeinschaft – von Ugandern für Ugander und nicht komplett abhängig von Leuten aus Europa. Ein absolut vorbildliches Projekt.

Rotary Action Group for Reproductive, Maternal and Child Health (RMCH) Schweiz-Liechtenstein

Die Bevölkerungszahl wächst rasant: 8 Milliarden Menschen leben auf der Erde, und täglich kommen 230‘000 hinzu. Bei gleichbleibendem Wachstum wird die Zahl bis zum Jahr 2100 auf 11 Milliarden ansteigen. Rotary hat 1999 anerkannt, dass die Förderung einer nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung zum humanitären Dienst gehört. Der Erfolg erfordert umfassende Ansätze, die die Stellung der Frauen stärken. RMCH ist eine Action Group von Rotary Schweiz-Liechtenstein, die sich für ein nachhaltiges Bevölkerungswachstum einsetzt. Im Mittelpunkt stehen die genannten Schwerpunktbereiche der Rotary Foundation: Gesundheit von Mutter und Kind, Bildung und Wirtschaft und Kommunalentwicklung. Die Action Group motiviert die Distrikte und Clubs von Rotary, Innerwheel und Rotaract, sich in diesen Bereichen zusammen mit ihr zu engagieren.