Zwischen Vision und Vernetzung – Berufsdienst-Summit in Pristina

domenica 6 aprile 2025

Verena Maria Neuhaus

Rotary ist Service. Rotary ist Freundschaft. Aber Rotary ist eben auch: Netzwerk und Beruf. Daran erinnerte der internationale Summit zum Berufsdienst und Netzwerken, der Anfang März in Pristina stattfand – und der spannende Einblicke und Denkanstösse lieferte, auch für die Schweizer Delegation mit Stefan Buser, Governor des Distrikts 2000.

Organisiert wurde der Anlass vom jungen Distrikt 2485 (Albanien-Kosovo) unter der Leitung von DG Butrint Batalli. Den feierlichen Auftakt gestaltete die Konzertpianistin Lule Elezi, die mit klassischen Klavierstücken das Publikum auf die Themen des Tages einstimmte.

Gleich zu Beginn unterstrich Rotary-Weltpräsidentin Stephanie Urchick im Gespräch mit dem Gastgeber, worum es Paul Harris bei der Gründung von Rotary ursprünglich ging: um Freundschaft und ein berufliches Netzwerk. Der Service-Gedanke kam erst später dazu. Urchick erinnerte daran, wie wichtig es ist, die Vier-Fragen-Probe nicht nur zu kennen, sondern als ethisches Fundament auch im Berufsleben zu verinnerlichen. Und sie warb dafür, das enorme Potenzial von Rotary für persönliche Entwicklung und Leadership viel bewusster zu nutzen – gerade für junge Berufsleute und Rotaracter, denen Rotary echte Chancen zur Übernahme von Führungsaufgaben bietet.

Die Rotary-Weltpräsidentin Stephanie Urchick erklärte, worum es Paul Harris bei der Gründung von Rotary ursprünglich ging

Im ersten Panel diskutierte DG Stefan Buser gemeinsam mit Governors aus Rumänien, der Türkei und RI-Direktor Daniel Danese über berufliche Netzwerke und Leadership. Klar wurde: Rotary ist eine einzigartige Plattform, um Kontakte zu knüpfen und beruflich zu wachsen. Doch Führung im rotarischen Kontext funktioniert anders als im herkömmlichen Kontext – nämlich ohne formale Hierarchie, dafür mit Überzeugungskraft, Empathie und der Fähigkeit, Menschen zu begeistern. Qualitäten, die auch in der Arbeitswelt zunehmend gefragt sind.

Das zweite Panel drehte sich um Unternehmertum und Marktchancen in der Region. Besonders eindrücklich: die Einschätzungen von Uranik Begu, dem Direktor der Plattform «Plug and Play». Er skizzierte die Chancen für Kosovo und Albanien, ihre wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben – gerade durch Rückkehrer aus der Diaspora oder neue Perspektiven rund um Künstliche Intelligenz. AI, so die einhellige Meinung, wird auch Rotary künftig stärker begleiten – beruflich ebenso wie privat. Noch werde das Thema in der rotarischen Welt wenig genutzt, doch es biete gerade für wirtschaftlich aufstrebende Regionen grosse Chancen. Ein spannender Kontrast: Während viele Top-Talente aus der Region in internationalen Tech-Firmen arbeiten, liegt der Durchschnittslohn vor Ort bei gerade einmal 570 Euro im Monat.

Im dritten Panel wurde deutlich, wie eng Unternehmertum und rotarisches Engagement verbunden sind. Viele Projekte innerhalb von Rotary sind letztlich unternehmerische Vorhaben – entwickelt, finanziert und umgesetzt von Mitgliedern mit Mut und Vision.

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Gründung gleich dreier Intercountry Committees (ICC). Eines davon war der Länderausschuss Schweiz-Liechtenstein mit Albanien/Kosovo, den Stefan Buser zusammen mit Butrint Batalli und unter den Augen von Stephanie Urchick unterzeichnete. Ein weiteres Zeichen für die enge Zusammenarbeit über Grenzen hinweg war das neu besiegelte District Twinning zwischen Albanien-Kosovo und Rumänien-Moldawien.

Mit der feierlichen Einweihung eines Peace Poles im Zentrum von Pristina setzte Rotary schliesslich ein sichtbares Zeichen für Frieden und Verständigung.

Der Tag endete mit einem Gala-Dinner voller Musik, Tanz und Lebensfreude – typisch für die Region, deren Energie ansteckend wirkte. Während des Abends wurden auch Major Donors geehrt und Paul Harris Fellow-Auszeichnungen verliehen – ein weiterer Höhepunkt eines Abends, der zeigte, wie lebendig Rotary hier gelebt wird. Bis tief in die Nacht wurde gefeiert und getanzt – da hielt es kaum jemanden auf seinem Platz.

Stefan Buser zieht ein klares Fazit: Der offene Umgang mit den beruflichen Chancen, die Rotary bietet, beeindruckte – und wirft auch für die Schweiz Fragen auf. Während andernorts ganz selbstverständlich über «Business @ Rotary» gesprochen wird – offen, direkt und ohne falsche Zurückhaltung – zögern hierzulande viele, diesen Aspekt zu benennen. Dabei gehört der Berufsdienst seit 1905 zum Kern von Rotary. Vielleicht ist es an der Zeit, auch in der Schweiz wieder stärker dazu zu stehen – und gerade jungen Mitgliedern aufzuzeigen, welche Möglichkeiten Rotary im Berufsleben eröffnet.

Das Treffen wurde mit einem Gala-Dinner mit Musik und Tanz abgerundet