Rotarier Alexander Lätsch hatte als Chef eine Schweizer Firma von Weltgeltung durch Höhen und Tiefen geführt. Nach dem letzten Tief befand er sich unver-mittelt im freiwilligen vorzeitigen Ruhestand.
Deshalb warf er sich mit aller Kraft auf Rotary. In fünf Jahren – so überlegte er sich insgeheim – würde er es bis zum Weltpräsidenten bringen. Vorsichtig erkundigte er sich bei der grauen Eminenz des RC Redliwil, Fritz Abderhalden, wie eine solche rotarische Karriere am besten einzufädeln sei. Dieser überlegte lange und raunte dann: “Ich empfehle Dir den Einstieg als Wisapf.“
„Als was?“
„Als Wimpelsammlungspfleger. Die Sammlung ist das Herzstück unseres Clubs Redliwil, so wertvoll wie die Aufbewahrung der Bundesbriefes von 1291 in Schwyz.
Leider liegt die Sammlung unserer Wimpel zur Zeit etwas im argen.“
„Bin ich dafür nicht etwas zu gut qualifiziert?“
Fritz Abderhalden erwiderte etwas streng: „Hier geht es ums Dienen. Wir heißen nicht umsonst Service-Club.“
Und Alexander Lätsch diente. Er fand die Wimpel in einer Ecke der Heidiland-Stube, wo sie in einem Migros-Karton vor sich hin müffelten. Er ließ die Wimpel waschen und bügeln sowie eine Art Schrank fabrizieren, wo die Wimpel lichtumflutet und klimatisiert eine neue Heimat fanden.
Die Mitglieder im RC Redliwil waren begeistert und zwei Jahre später war Alexander Lätsch Governor des Distriktes. Dieses hohe Amt war aber sehr herausfordernd. Eine Sitzung jagte die andere, Entscheidungen größter Tragweite raubten ihm den Schlaf. Er war immer unterwegs – ohne Sekretariat oder Fahrer.
Besonders anstrengend waren die Besuche seiner 80 Clubs. Galt es doch, jeden Club als einzigartig zu loben. In seiner Standardrede wechselte er zwischen „rotarischem Leuchtturm“ und „rotarischem Musterclub“. Als er einen Club als „rotarische Musterturmleuchte“ titulierte, war ihm klar, dass er urlaubsreif war.
Er schleppte sich in die letzte Woche als DG. Beim RC Träfflikon gab es zum Essen ein Käsefondue. Nett war es tags darauf im RC Chalbertingen, wo es ebenfalls Käsefondue gab. Als man ihm dann beim RC Züslikon erneut ein Käsefondue servierte, fühlte sich Alexander Lätsch müder denn je.
So ging es tagelang weiter bis zum Heimat-Meeting in seinem eigenen Club Redliwil. Dort gab es wieder ein …. Käsefondue! Das war eindeutig zuviel: Nun nahm der „Kandidat“ endgültig Abschied vom rotarischen Weltpräsidium. Er würgte das Käsefondue so gut es ging hinunter und fragte seinen Freund Abderhalden:
„Ist die Stelle als Wisapf wieder frei?“
Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber