Am Seniorentisch saß Ehrenpräsident Ernst Friedrich neben seinen engen Freunden und ließ den Blick über die weite Runde schweifen. Dann sagte er: “Jetzt schaut einmal, wie unsere jungen Leute auf ihren Smartphones herumtippen. Wahrscheinlich haben sie wieder eine Weisung von Rotarier Doodle erhalten.“
„Wer ist das?“, fragte Rotarier Ruedi Schläppi.
„Was, von Doodle hast Du noch nie etwas gehört? Ich habe ihn auch noch nie gesehen, aber er muss sehr einflussreich sein in unserem Club. Er verschickt an die Clubmitglieder ständig irgendwelche Listen, in die man sich eintragen muss. Keine Ahnung, was das soll.“
In der Tat war die Doodle-Liste seit einiger Zeit fester Bestandteil des rotarischen Lebens im RC Redliwil. Doch nicht nur die Freunde vom Seniorentisch hatten ihre Mühe damit. Wann immer Clubmeister Anton Hofer per Doodle zu einer Veranstaltung einlud – es mündete in ein allgemeines Chaos. Einige Mitglieder speicherten den Link zur Doodle-Liste auf ihrem Rechner ab, fanden ihn dann aber nicht mehr. Andere machten bei den Zu- und Absagen kein Häkchen, wie das gefordert wird, oder sie sagten gleichzeitig zu und ab.
Dem Clubmeister blieb nichts anderes übrig, als es mit der „Methode 1969“ zu versuchen – er telefonierte allen 80 Clubmitgliedern, um sie zu fragen, wie wohl ihr Eintrag in der Liste gemeint war. Gegenüber Präsident Georges Bräker seufzte er: „Dabei fragt Doodle doch nur, ob jemand kommt, mit oder ohne Partner, oder ob er nicht kommt.“
Georges Bräker schüttelte den Kopf: „Das sind viel zu wenige Optionen. Denk bitte daran, dass der Rotarier an sich ein komplexes Individuum ist.
Und so erweiterte Anton Hofer die Doodle-Rubriken. Zur nächsten Veranstaltung, einer Vernissage mit kostenlosem Büffet, konnte man in der Doodle-Liste auch folgende Kästchen mit einem Häkchen versehen:
„Weiß noch nicht.“
„Luege mir emal.“
„Kommt Zeit, kommt Rat.“
Diese Kästchen wurden massenhaft angekreuzt. Der Clubmeister tröstete sich mit dem legendären rotarischen Ausgleichsgesetz: jene, die zusagen, kommen nicht - dafür kommen jene, die nicht zugesagt haben. Leider war die Vernissage nur mäßig besucht, trotz des kostenlosen Büffets.
„Wir müssen das professionalisieren, den Club sozusagen durchdoodeln“, verkündete Anton Hofer gegenüber dem Präsidenten. „Tu das mal“, sagte dieser, und der Clubmeister lud zu einem Doodle-Wochenendseminar ins Hotel Eigerblick ein.
Nach jenem Wochenende fragte Georges Bräker den Clubmeister: „Und, wie ist es gelaufen?“
Anton Hofer seufzte: „Eine Katastrophe, es kamen nur drei Freunde.“
„Hattest Du denn nicht alle aus unserem Club eingeladen?“
„Ja sicher, natürlich per Doodle-Liste.“
Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber