Als der Distrikt seine Jahresbilanz zog, lag ein Club mit seiner Präsenzquote wie immer auf dem letzten Platz – der RC Redliwil. „Das muss sich ändern“, forderte der Präsident Georges Bräker im Vorstand und blickte das neue Mitglied Armin Hofer erwartungsvoll an. Dieser war Abteilungsleiter im eidgenössischen Finanzministerium und genoss einen sagenhaften Ruf als Meister der „kreativen Haushaltführung“. Er hatte diverse Schattenhaushalte und Sonderfonds so kunstvoll miteinander verflochten, dass der Bundespräsident zuletzt behaupten konnte, eigentlich habe der Bund keine Schulden, sondern ein Guthaben von 113 Franken.
Rot. Armin Hofer machte sich sofort ans Werk. Er war nun der POB des Clubs, der Präsenz-Optimierungs-Beauftragte. Als Erstes definierte er die „Präsenz“ neu. Wer ihm belegen konnte, dass er eigentlich zum Meeting kommen wollte, aber zu lange auf einen Handwerker warten musste, erhielt eine Gute-Absicht-Präsenz. Wer die Clubmitglieder mit einer Urlaubskarte aus dem Ausland grüsste, erwarb sich eine ideelle Präsenz. Wer per e-Mail Anteil am Clubgeschehen nahm, dem wurde eine virtuelle Präsenz gut-geschrieben. Wer dreimal hintereinander zum Meeting gekommen war, erhielt eine zusätzliche Bonus-Präsenz.
Armin erfand auch die Kompakt-Präsenz. Diese wurde erworben, indem man kurz vor dem Meeting freundlich in den Salon Heidiland hineinblickte, ehe man wieder ging. Diese Kompakt-Präsenz erfreute sich bald grösster Beliebtheit.
„Aber es reicht noch nicht“, berichtete Armin Hofer dem Präsidenten. Also führte er die Globalisierungspräsenz ein. Präsenzen an prestigeträchtigen Orten wie Paris-Neuilly, Washington oder Schaan wurden doppelt gewertet. Ebenso der Besuch eines Meetings auf den Falklandinseln, allein schon wegen der riesigen Entfernung.
Da als das immer noch nicht reichte, verfiel der POB auf die Greif-Präsenz. Mit seinem Wagen kurvte er eine Stunde lang vor dem Meeting durch den Clubort Redliwil.
Einen Freund zerrte er von der Couch eines Psychotherapeuten, den andern löste er in der örtlichen Schuldenberatung aus, den dritten «saugte» er aus der Selbsthilfegruppe alleinerziehender Väter heraus. Den vierten rettete er beim Zahnarzt vor einer Wurzelextraktion, und zu fünft fuhren sie frohgemut zum Meeting.
Bei der nächsten Jahresbilanz war der RC Redliwil die Nummer eins in Sachen Präsenz, und der POB Hofer meinte im Vorstand: „Was sagt Ihr dazu: es geht doch“.
Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber