Verein von Rotarier baut Holzhäuser für obdachlose Familien in der Ukraine

domingo, 2 de octubre de 2022

von Janine Keller

Die Fensterbau-Firma Huber Fenster AG in Herisau besitzt seit vielen Jahren eine Tochterfirma in der Ukraine, wo sie ihre Eichen-Fensterkanteln bezieht. Für Verwaltungsrat Martin Huber (RC Appenzell) war es deshalb klar, den notleidenden Menschen in der Ukraine zu helfen. Was mit der Gründung des «Verein Ukraine Hilfe» begann, entwickelte sich schnell zu einem ganz besonderen Hilfsprojekt.

Die Gründung des Vereins Ukraine Hilfe

Seit 17 Jahren besitzt die Huber Fenster AG die Tochterfirma Divario GmbH in Ivanov, Ukraine. Bei Kriegsbeginn zerstörten russische Streitkräfte Teile eines nur 10 Kilometer entfernt gelegenen Munitionsdepots, es gab auch Tote. Daraufhin wurde Martin Hubers Unternehmen von vielen Bewohnerinnen und Bewohnern im Umkreis kontaktiert und um Aufnahme in der Schweiz gebeten. Huber zögerte nicht lange und gründete kurz darauf den steuerbefreiten, nicht kommerziellen Verein Ukraine Hilfe und organisierte die Aufnahme von 50 Personen in Herisau.

Als ein Mitarbeiter der Tochterfirma Martin Huber Fotos zeigte, die während einer Lieferung von Notstromaggregaten nach Tschernobyl von der Zerstörung der russischen Raketen entstanden, war Huber schockiert: «Was ich auf den Bildern sah, war die totale Zerstörung vieler Gebäude».

Eine Ukrainische Familie vor ihrem Wohnmodul. Bild: Pascal Mora

Ein Wohnmodul ist ausgestattet mit: Küche, WC, Bad, Dusche, Schlafzimmer, Wohnzimmer, Betten, Tisch, Stühlen und Schränken.

So kam ihm die Idee, den Menschen dort ein Dach über dem Kopf zu beschaffen. «Wer soll denn helfen, wenn nicht wir? Wir besitzen dort eine Firma und arbeiten mit Holz» begründet Huber seine Entscheidung.

Zusammenarbeit mit der Uffer AG

Die Huber Fenster AG ist zwar auf das Arbeiten mit Holz spezialisiert, nicht aber auf den Bau von Wohnmodulen. Deshalb rief Martin Huber seinen Bekannten Enrico Uffer an, den er von Bauprojekten im Engadin kennt. Zusammen entschieden sie, ein einfaches Holzhaus zu entwerfen, in der Uffer AG in Savognin mit ukrainischen Mitarbeitern zu bauen und anschliessend in die Ukraine zu transportieren.

So wurde innerhalb weniger Tag das erste Holzhaus für die Ukraine von der Firma Uffer AG, einer auf Holz spezialisierte Baugruppe, die Erfahrung im Modulbau hat, entworfen und gebaut, und das ganz ohne Vorfinanzierung. «Enrico Uffer hat sich direkt an die Arbeit gemacht und ganz ohne Vorfinanzierung den Bau dieses ersten Wohnmoduls in den geschäftigen Alltag seiner Firma eingeschoben» lobt Martin Huber seinen Projektpartner. Im Vordergrund stand für die beiden Schweizer Unternehmer, schnell und unbürokratisch zu helfen.

Herstellung und Lieferung der Wohncontainer

Für den Bau der ersten Wohncontainer reiste Sergei Medvedchuk, Direktor der Divario und langjähriger Partner von Martin Huber, sowie drei seiner ukrainischen Arbeitskollegen nach Savognin. In Savognin lernten sie, wie ein solcher Wohncontainer gebaut wird, um sie dann jeweils direkt in der Ukraine herstellen zu können. Das Material, welches für den Bau benötigt wird, wird ebenfalls aus der Ukraine bezogen.

Vorbild für die Wohncontainer mit dem Namen «Quadrin light Modulhaus» sind die sogenannten Tiny Houses - minimalistische Wohneinheiten. Die Wohncontainer des Vereins Ukraine Hilfe sind 36 Quadratmeter gross und mit allem Nötigen ausgestattet: einem Bodenbelag, einer Küche mit Tisch, Bank und Stühlen, einem Wohn- und einem Schlafzimmer (inklusive Betten), Schränken, einem Badezimmer und einem Boiler mit Drucksystem. Auch Elektrizität und, nach Bedarf, ein Holzofen sind vorhanden. Ein Modulhaus bietet Platz für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei bis drei Kindern.

Sind die Wohncontainer hergestellt, werden sie vom Werk der Divario GmbH bei Ivaniv, in der Nähe von Vinnizja, zur 270 Kilometer entfernten Gemeinde Iwankiw gefahren und innerhalb weniger Tage aufgebaut.

Iwankiw ist die grösste Gemeinde der Ukraine, liegt nord-westlich von Kiew und ungefähr 30 Kilometer nördlich von Butscha und Irpin. Iwankiw wurde von den Russen während eineinhalb Monaten besetzt, viele Gebäude stehen nicht mehr. Über einen Kontakt aus Tschernobyl kam die Zusammenarbeit mit der Gemeindepräsidentin von Iwankiw zustande. «Diese mutige Frau hat sich während der Okkupation jeden Abend in einem anderen Haus versteckt, damit sie von den Russen nicht gefunden wird», zeigt sich Huber beeindruckt.

Als Verantwortlicher für die technische Umsetzung der Wohnmodule übergab Huber den Bewohnern von Iwankiw kürzlich höchstpersönlich die ersten beiden Quadrin light Module, die in der Ukraine hergestellt wurden.

Einweihung des ersten Wohnmoduls in Iwankiw. Bild: Pascal Mora

Die Aktion am Zürcher Hauptbahnhof. Bild: Martin Huber

Aktion am Zürcher Hauptbahnhof

Ende Juli durfte der Verein Ukraine Hilfe das Musterhaus, welches in Savognin zusammen mit den ukrainischen Handwerken gebaut wurde, während drei Tagen am Zürcher Hauptbahnhof präsentieren. «Nach der Aktion haben wir das Modulhaus wieder abgebaut und direkt in die Ukraine transportiert. Seit zehn Wochen wohnt nun eine Familie in dem Holzhaus», erklärt Huber. Die Aktion war erfolgreich und schaffte es sogar in die Sendung 10 vor 10 vom SRF.

Die Herausforderung Winter

Der Winter steht auch in der Ukraine vor der Tür, weshalb obdachlose Familien dringend eine Unterkunft benötigen. Bis zum Wintereinbruch sollen 20 weitere Wohncontainer des Vereins Ukraine Hilfe bezugsbereit sein. Viele der Bewohner, die ihr Zuhause verloren haben, wohnen zurzeit entweder bei Freunden oder Familie, campieren oder improvisieren eine Behausung mit den herumliegenden Ziegelsteinen. Um den Winter zu überstehen, wird das aber nicht reichen. 

Spendenangaben

Der Verein ist für seine wichtige Arbeit auf Spenden angewiesen. Wer den Verein gerne unterstützen möchte, kann an folgendes Konto Spenden überweisen: 

Verein Ukraine Hilfe
St. Gallerstrasse 57
9100 Herisau
CH02 8080 8004 6705 5472 4

Oder überweisen Sie einfach per Twint mit dem nachfolgenden Code. Weitere Informationen und die Spendenangaben finden Sie auch hier: sammelaktion.huberfenster.ch

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Vorher-/Nachher-Vergleich: Dieselbe ukrainische Familie vor der improvisierten Unterkunft links und dem Wohnmodul rechts.