Das eigentliche Ziel seiner Flucht war Kenia. Nachdem er bereits einen Tag unterwegs war, merkte er aber, dass er in die falsche Richtung gereist war und in Äthiopien gelandet ist, wo er direkt ins Gefängnis gesteckt und einen Monat lang festgehalten wurde.
Als er wieder auf freiem Fuss war, traf er einen Mann, der seine Muttersprache sprach und ihm erzählte, dass viele Leute nach Äthiopien kommen und dann in den Sudan, nach Lybien oder Europa weiterreisen. Er bot dem jungen Somalier seine Hilfe an, ohne eine Bezahlung zu erwähnen. Der junge Somalier liess sich auf das Angebot ein. So begann eine lange und gefährliche Reise.
Mit anderen Flüchtlingen musste er zunächst für einige Tage in einem Zimmer ausharren, bevor sie dann mit einem Auto losfuhren. Als die Gruppe im Sudan eine Autopanne erlitt, waren sie dazu gezwungen, durch die unbarmherzige Wüste zu laufen. Nach drei Tagen zu Fuss fanden sie schliesslich ein anderes Auto und konnten nach Lybien fahren. In Lybien angekommen, verlangten die Schlepper plötzlich Geld für die Fahrt und alles, was sie auf der Reise konsumiert haben. Diejenigen, die nicht bezahlen konnten, wurden geschlagen.
Unser junger Somalier hatte kein Geld. Er versuchte, seinen Stiefvater anzurufen und um Hilfe zu bitten, aber der legte auf. Also wurde auch er geschlagen und dabei gefilmt, als warnendes Beispiel für Neuankömmlinge. Erst als er bereits sehr dünn und dem Tod nahe war, liessen sie ihn gehen.
Gefährliche Bootsüberfahrt nach Europa
Nach fast eineinhalb Jahren in Lybien, in denen er sich mit Gelegenheitsjobs knapp über Wasser halten konnte und auf der Strasse schlief, schaffte er es schliesslich auf ein Boot. Es war ein Boot der Sorte, die aus Holz und Plastik zusammengebastelt wurde und das völlig überladen war. Auf See wurden sie dann von einem italienischen Schiff entdeckt und kenterten, als die Leute auf dem kleinen Boot aufstanden, um auf sich aufmerksam zu machen. Viele sind dabei ertrunken. Aber der junge Somalier schaffte es auf das Schiff und wurde in ein italienisches Krankenhaus gebracht.
Anschliessend lebte er in einem der berüchtigten Flüchtlingslager, bis ein Onkel, der in Holland lebt, ihm Geld für eine Busreise nach Holland schickte. Mit einem gefälschten Pass und dem Busticket schaffte er es dann aber nur bis in ein kleines Dorf in der Schweiz, in der Nähe der italienischen Grenze. Da verbrachte er wieder zwei Wochen in einem Camp und wurde schliesslich nach Zürich gebracht und registriert. Damit endete seine Reise.
Eine Zukunft in der Schweiz
Er war aber bereit, sich in der Schweiz eine Zukunft aufzubauen und versuchte, eine Lehrstelle zu finden. Das war der Moment als ihn eine Hilfsorganisation mit ROBIJ und dessen Präsidentin Marianne Hopsch in Kontakt brachte. Mithilfe von ROBIJ bekam er nach zwei Testwochen in einem Betrieb schliesslich die Zusage für eine zweijährige Lehre als Maler.
Anfangs war es für ihn nicht einfach, sich an die Schweiz und das Leben hier zu gewöhnen, vieles war sehr ungewohnt. In Somalia hatte er zum Beispiel keine Dusche, sie wuschen sich mithilfe von Tellern. Er konnte auch nicht kochen und lernte dies nach und nach in der Schweiz. Mittlerweile hat er sich in Zürich ein neues Leben aufgebaut, mit Ausbildung und neuen Freunden.