Ein Jahr im Thurgau - aktuelle Situation der ukrainischen Behindertengruppe in Münsterlingen

Mittwoch, 31. Mai 2023

Rot. Jeannine Schmidt

Als die Gruppe ukrainischer Behinderter vor etwas mehr als einem Jahr mit Hilfe der beiden Rotary Clubs Kreuzlingen und Kreuzlingen-Konstanz aus Lemberg evakuiert wurde, dachte wohl niemand daran, dass der Aufenthalt im Thurgau so lange dauern würde. Aber da das Ende des russischen Angriffskriegs nicht absehbar ist, ist auch die Situation der Gruppe «Open Hearts» unsicher.

Einerseits sind sie froh und dankbar, in Sicherheit und gut untergebracht zu sein. Andererseits ist das Heimweh gross. Aus diesem Grund sind inzwischen neun der ursprünglich 21 Flüchtlinge wieder nach Lemberg zurückgekehrt. Für die anderen hat sich zumindest die Frage der Unterbringung geklärt. Die Nachricht, dass die Gruppe bis Ende Oktober bleiben kann, wo sie jetzt ist, hat für grosse Erleichterung gesorgt.

Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Turnhalle konnten die Behinderten im vergangenen Jahr zunächst in einem Gebäude der Stiftung Mansio auf dem Gelände des Kantonsspitals Münsterlingen untergebracht werden. Seit Ende Juni 2022 wohnen sie in einem anderen Gebäude, ebenfalls auf dem Klinikgelände. Die derzeitige Wohnsituation ist perfekt, weil sich Behinderte und Betreuer gegenseitig unterstützen können und somit weitgehend autark sind. Aus diesem Grund benötigt nur eine Behinderte Pflege von der Spitex. Eine Familie hat ein Auto dabei, mit dem die Einkäufe für die ganze Gruppe besorgt werden. Es wird gemeinsam gekocht, gegessen, gespült und geputzt. 

Die Behindertengruppe «Open Hearts» lud die Mitglieder der beiden Rotary Clubs als Dankeschön zum Osterkaffee ein.

Mitglieder der beiden RCs Kreuzlingen und Kreuzlingen-Konstanz bieten der Gruppe den nötigen sozialen Kontakt.

Der Leiter der Selbsthilfegruppe, Ostap Stadnyk, äussert seine Dankbarkeit für die gute Unterbringung und Betreuung. Nicht nur seien alle in Sicherheit und hätten ein Dach über dem Kopf. Um körperliche Beschwerden würden sich Angestellte des Kantonsspitals kümmern. Die geistigen Bedürfnisse befriedige ein ukrainischer Priester aus Zürich, der zweimal im Monat einen Gottesdienst in der Kirche Münsterlingen abhält. Und soziale Kontakte entstünden durch die Mitglieder der beiden Rotary Clubs.

In den vergangenen Monaten organisierten Rotary-Mitglieder aus den RCs Kreuzlingen und Kreuzlingen-Konstanz diverse Aktivitäten. Es wurde gemeinsam gebastelt, gekocht und manikürt. Es wurden Ausflüge in die Umgebung, Stadtbummel und Spaziergänge organisiert, sowie Gottesdienste und Konzerte besucht. Aus Dankbarkeit für die freundschaftliche Betreuung lud die Open Hearts-Gruppe Rotarierinnen und Rotarier aus beiden Clubs zu einem ukrainischen Osternachmittag ein.

Diejenigen, die nach Lemberg zurückgekehrt sind, halten engen Kontakt zu der Gruppe in Münsterlingen. Demnach sind die Rückkehrer froh und glücklich, wieder zuhause zu sein und möchten auch nicht zurück, obwohl die Widrigkeiten während des vergangenen Winters beträchtlich waren.

Die Heizungen funktionierten zum Teil nicht, Wasser und Elektrizität gab es nur eingeschränkt. Inzwischen hat sich die Situation beruhigt. Das Thema Rückkehr ist auch beim Rest der Gruppe ständig präsent. Aber obwohl sie Verwandte und Freunde vermissen und am liebsten wieder zuhause wären, warten sie auf eine stabilere Lage in der Ukraine.

Lorenz Zubler und Hanspeter Ryser, die die Ukrainer eng betreuen, stehen in engem Dialog mit den Sozialen Diensten See, die auf Seiten der Gemeinde für die ukrainischen Flüchtlinge zuständig sind. Alle sind sehr froh, dass die gemeinschaftliche Unterbringung noch ein halbes Jahr gesichert ist.