Das Privileg der rotarischen Expertise teilen

Sonntag, 3. März 2024

DG Thomas Hunziker

Liebe Rotarierinnen und Rotarier, geschätzte Rotaracterinnen und Rotaracter

An der Generalversammlung von visite im September 2023 wurde ich angefragt, ob ich mithelfen würde, ein Stück Schreiner-Berufsbildung nach Ruanda zu bringen. Mit einem spontanen rotarischen ,,Ja'’ habe ich zugesagt, mir das Land und die Ökonomie genauer anzuschauen und mir Gedanken über ein Projekt zu machen.

Nun bin ich zurück von meiner hölzigen Studienreise durch dieses aufstrebende, nahe am Äquator gelegene Land. Die Schweiz Afrikas, so wird Ruanda genannt, ist 30 Jahre nach dem Genozid nicht wirklich demokratisch, aber aufstrebend. Länder wie Kanada, Grossbritannien und Katar investieren kräftig in lukrative Segmente.

Daneben das übliche Bild eines Drittweltlandes, wo der Grossteil der Bevölkerung als Tagelöhner in bitterer Armut lebt. Andererseits wird dieses Land viele Entwicklungsschritte auslassen (können) und ist in Bezug auf die Digitalisierung mancherorts weiter als die Schweiz. Mechanisierung hingegen gibt es keinerlei, weder in der Landwirtschaft, noch auf dem Bau. Der Asphalt wird von Hand weggepickelt.

NGOs tummeln sich seit vielen Jahren in diesem Land und die Schreinereien, die ich besucht habe, sind meist mit 60- bis 80-jährigen Maschinen aus Benelux ausgestattet, welche in sehr schlechtem Zustand sind. Eingekürzte Finger und verhakte Extremitäten sind die Folgen davon. Frauen und Kinder sammeln Abfallholz und Späne zum Feuern auf, dies in Mitten von offenen Antrieben und Lärm. Späneabsaugungen gibt es nicht. Das Dasein als Tagelöhner lässt keine Entwicklung zu.

Durch die rudimentären Produktionsmethoden kann keinerlei Qualitätsansprüchen entsprochen werden, und was an Qualität gefragt ist, kommt von weit her. Bereits das Holz, welches mehrheitlich aus dem Kongo stammt, ist entsprechend der Möglichkeiten qualitativ minderwertig und schlecht zu verarbeiten. Die Lieferkette im Bereich Plattenmaterialien und Beschlägen ist stark von China geprägt, eingekauft wird auf einem riesigen Baumarktareal in Kigali.

Hierzulande füttern wir unsere CNC-gesteuerten Maschinen im Minutentakt. Eine beeindruckende Zeitreise, nur wenige Flugstunden von uns entfernt. Ich erachte es als Privileg, mit meiner Familie und mit Freunden ein Projekt im Bereich der Berufsbildung in Ruanda entwickeln zu dürfen. Im Wissen darum, dass an erster Stelle ökonomische Überlegungen für die künftigen Schreinerinnen und Schreiner und deren Familien stehen muss. Wir Rotarierinnen und Rotarier haben das Privileg, mit unserer vielseitigen Expertise Neues zu wagen und zu entwickeln.

Damit wünsche ich Ihnen allen viel Freude und Erfolg mit Ihren Projekten.

Herzliche rotarische Grüsse

Thomas

Eine der Schreinereien, die DG Thomas Hunziker bei seiner Ruanda-Reise besucht hat.