Für ihre häufig grossformatigen Aufnahmen von Schneelandschaften, Gletschern und Seen reist Ester Vonplon an verschiedenste Orte der Schweiz – und gelegentlich sogar bis in die Arktis. Manchmal ist das fotografische Bild in sich bereits abgeschlossen, teilweise bearbeitet die Künstlerin das ephemere, empfindliche Bild weiter und setzt es der Witterung der Natur aus. Das Resultat ist eine visuelle Sprache, die sich durch vielschichtige Abstraktionen auszeichnet. Radikal ist ihre Hingabe an das Detail, das Ertasten von Texturen und Landschaften, das Spiel zwischen Hell und Dunkel. Poetisch sind die Titel, welche die von ihren Bilder geschaffenen Denkräume als Epiloge sprachlich füllen: «Wohin geht all das Weiss, wenn der Schnee schmilzt?»; «Alleine tanzend – irgendwo»; «Singen Vögel im Schlaf?»
Ihre aktuelle, fortlaufende Serie von Fotogrammen realisiert sie in der Hochebene des Val Curciusa. Dieses alpine Hochtal ist eines der wenigen in der Schweiz, das ausschliesslich zu Fuss zugänglich ist. Die Fotografin wählt Pflanzen, Tiere und Steine als Bildgegenstände und hält sie auf Cellofix-Fotopostkarten fest, die sie aus einem Nachlass erhalten hat. Dieses aus dem Jahr 1907 stammende Material musste sie erst tüftelnd erproben: Im Zuge zahlreicher Experimente in der Dunkelkammer entdeckte Vonplon, dass die lichtempfindliche Emulsion – nachdem die Papiere über 100 Jahre im Dunkeln lagen – noch immer auf direkte Sonneneinstrahlung reagieren. Ihre fotografischen Arbeiten werden als meditativ und sinnlich, in ihrer starken Stille als Gegenentwurf zur digitalen Bilderflut betitelt. All das ist sicherlich zutreffend – vor allem aber sind Ester Vonplons Arbeiten berauschende Seh-Erlebnisse.
Ester Vonplon, geboren 1980 in Schlieren, lebt und arbeitet heute in Chur und Castrisch. Sie studierte Fotografie in Berlin und Zürich. Ihre Arbeit wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Manor Kunstpreis 2017. Präsentiert wurde ihr Werk in nationalen und internationalen Ausstellungen wie im Bündner Kunstmuseum, Chur, im Kunstmuseum Thun, im Museum Allerheiligen, Schaffhausen, im FOAM Amsterdam, im FOMU Antwerpen sowie an verschiedenen Festivals.
Rot. Nadine Wietlisbach
Direktorin und Kuratorin Fotomuseum Winterthur