Am Anfang steht eine einfache, aber grundlegende Frage der jungen Generation: Welche Zukunft bietet Europa uns eigentlich noch?
Für junge Menschen ist Europa kein theoretisches Projekt, sondern ihre unmittelbare Lebensrealität – ein Raum der Freiheit und Mobilität, der Zugang zu Bildung, Forschung und Unternehmertum, ein Schutzraum in einer unsicherer werdenden Welt. Die Erwartungen der jungen Generation sind klar: Sie wollen ein Europa, das Chancen schafft statt Barrieren, das Innovationen ermöglicht, das mutig in die digitale und ökologische Transformation investiert – und das bereit ist, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen, statt sich im Krisenmodus einzurichten.
Gerade beim Europäischen Forum Alpbach wurde diese Stimme der Jugend besonders deutlich hörbar. Dort haben junge Menschen mit Nachdruck gefordert, dass Europa endlich von einem reaktiven in ein gestaltendes Selbstverständnis wechselt. Alpbach hat gezeigt: Die Jugend ist bereit mitzudenken, mitzudiskutieren und mitzugestalten – aber sie erwartet, dass Europa die Voraussetzungen dafür schafft. Nicht durch immer neue Regulierungen, sondern durch strategische Offenheit, Investitionen und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen.
Vor diesem Hintergrund wird die Frage, ob Europa sein historisches Versprechen noch erfüllt, nur noch dringlicher. Europa war immer ein Versprechen: von Frieden nach Jahrhunderten der Zerstörung, von Wohlstand durch gemeinsames wirtschaftliches Handeln, von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit als Grundpfeilern unserer Gesellschaft. Doch dieses Versprechen steht heute unter massivem Druck.
Geopolitische Konflikte, allen voran der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, globaler Wettbewerb mit China und den USA, technologische Abhängigkeiten und eine schwächelnde europäische Wettbewerbsfähigkeit stellen Europa vor grundlegende Entscheidungen. Zugleich kämpfen wir mit gesellschaftlicher Polarisierung, Vertrauensverlust in Institutionen, Herausforderungen bei Migration und Integration sowie den sozialen Spannungen der klimaneutralen Transformation.
Auch für Liechtenstein sind diese Fragen zentral. Als kleiner, aber hochvernetzter Staat, als Mitglied des EWR und wirtschaftlich eng mit Europa verbunden, ist Liechtenstein ein Beispiel dafür, wie Stabilität, Offenheit und Innovationskraft im europäischen Kontext funktionieren. Gleichzeitig zeigt Liechtenstein, dass gerade kleine Staaten darauf angewiesen sind, dass Europa stabil, verlässlich und zukunftsfähig bleibt.
In diesem Spannungsfeld zwischen Erwartungen der jungen Generation, den Herausforderungen unserer Zeit und den europäischen Realitäten stellt sich heute Fabian Köffel der Frage: Hält Europa sein Versprechen – und was müssen wir tun, damit es auch in Zukunft gilt?
Diese Frage ist kein Pessimismus. Sie ist eine Einladung: Europa weiterzudenken, Verantwortung zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass dieses historische Versprechen auch für die Generationen nach uns Bestand hat.
